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Deutschland aufsagen, Deutschland nachsagen

Aus dem ungeformten Nichts des Alltags entstehen vor einem halben Jahrhundert alarmierende Werke in Kunst, Literatur und Photographie. Anschaulich berichtet der Autor von dem heiseren Stacheldraht der Stimmen und von den Abenteuern bei der Herstellung des primitivsten Hörspiels aller Zeiten. Nach Jahren in England, Frankreich und den USA sperrte Schuldt die Ohren auf. Er stellte alles auf die Kippe, was die Deutschen sagten, ließ es krachen. Jedes Wort aus der Wirklichkeit abgeschrieben. Der Künstler als Sieb, von fremden Menschen durchströmt. Die Sprengkraft dieser Idee verdeutlichen weitere Entwürfe, etwa ein Portraitband aus geklauten Photos: das Bild einer Epoche im Friseursalon. Zur Ausstellung von Sehnsüchten: ein Möbelhaus. Zugleich verblüfft der Künstler mit Beispielen dafür, wie sich jede Wirklichkeit ändert, wenn sie uns aus einem Werk heraus anschaut.

Als erster Dichter hatte Schuldt sich in einer Kölner Bruchbude ein Tonstudio eingerichtet (Marcel Broodthaers nannte es “un taudis”). Es folgten kühne Projekte an den Grenzen der Technik und des keuchenden Atems. Hörspiele wie auf einem Jahrmarkt früherer Jahrhunderte. Musik aus kreischendem Stahl, pochenden Motoren und schallendem Wasser. Im Zeitraffer zieht der Flirt zwischen Maschine und Musik an uns vorbei, von Dada-Konzerten bis zum Techno-Beat. Dann der bebende, jaulende Klang des blinden A Bing, des berühmtesten Er-Hu-Spielers Chinas.

 

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